Nierentransplantation (NTx)

Die Nierentransplantation ist derzeit das beste Verfahren zur Behandlung des terminalen Nierenversagens. Um unseren Patienten die Chance auf ein gesundes und aktives Leben zu ermöglichen, sollte bei jedem Nierenkranken die medizinische Eignung für eine Transplantation überprüft werden.

Wir, als erfahrene Transplantationsmediziner, wägen mit Ihnen Vorteile und Risiken ab, um sie bestmöglich bei diesem Prozess zu begleiten.

Eine sorgfältige Abklärung und Vorbereitung ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Transplantation.

 

Die Warteliste

Es werden deutlich mehr Organe für nierenkranke Patienten benötigt, als Spenderorgane zur Verfügung stehen. Dadurch entstehen Wartezeiten auf ein geeignetes Organ. Auf der Warteliste werden alle Patienten, die zur Transplantation angemeldet werden, registriert. Für die Nierentransplantation zählt die Wartezeit immer ab dem Datum des Beginns der Dialysebehandlung, unabhängig vom Zeitpunkt der Meldung auf die Warteliste. Die Wartezeit zählt auch unabhängig davon, ob ein Patient als transplantabel oder nicht-transplantabel gemeldet ist.

Für alle Patienten der Eurotransplant-Länder wird die Warteliste zentral bei Eurotransplant (ET) in Leiden geführt; es gibt keine gesonderten lokalen Wartelisten.

Durch genau abgesprochene und jederzeit überprüfbare Kriterien wird die Objektivität der Warteliste gewährleistet – dieses System, das eine Bevorzugung von einzelnen Patienten ausschließt, har sich über mehr als 30 Jahre bewährt und genießt international eine sehr hohe Reputation.

Nur streng medizinische Gründe ermöglichen eine Verkürzung der Wartezeit; für Kinder unter 16 Jahren und Erwachsene über 65 Jahren gibt es Sonderprogramme (young-for-young, old-for-old oder das European Senior Program(ESP)).

Patienten, die absolut keine Möglichkeit mehr zur Dialyse haben, können hoch dringlich (high urgency) transplantiert werden. Diese Einstufung erfolgt nach sehr strengen Kriterien und macht weniger als 1% aller Nierentransplantationen aus.

Einstufung der Patienten auf der Warteliste nach medizinischer Dringlichkeit

Alle Patienten, die auf die Warteliste aufgenommen werden, werden einer der folgenden drei Kategorien zugeordnet:

  • HU: High urgency
    • Lebensbedrohlicher Zustand durch fehlende Dialyse-möglichkeit über                Vorhofkatheter, Shunt oder Peritonealdialyse
  • T: Transplantabel
    • Patient ist nach medizinischer Abklärung transplantationsfähig und kann jederzeit transplantiert werden
  • NT: Nicht Transplantabel
    • Patient ist auf der Warteliste gemeldet, ist aber aus verschiedenen Gründen nicht für die Transplantation freigegeben, z.B. Transplantationsvorbereitung ist noch nicht abgeschlossen, Patient ist aktuell an einem Infekt erkrankt, Patient ist im Ausland, Patient möchte vorübergehend aus persönlichen Gründen nicht transplantiert werden, etc.

Anmeldung für die Warteliste

Nierenkranke Patienten haben nach Transplantation eine bessere Lebensqualität und eine längere Lebenserwartung im Vergleich zu Patienten, die an der Dialyse verbleiben. Prinzipiell sollte daher bei jedem Dialysepatienten eine Nierentransplantation angestrebt werden. Eine Expertenrunde aus Nephrologen, Chirurgen, Urologen, Pädiatern und Psychologen entscheidet nach Durchführung eines umfassenden Untersuchungsprogramms über die Transplantationsfähigkeit des Patienten. Tumorleiden, Infektionskrankheiten oder Gefäßerkrankungen müssen ebenso wenig wie das Alter des Patienten ein Ausschlusskriterium darstellen.

Die notwendigen Untersuchungen können sowohl ambulant als auch im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in der Klinik für Nephrologie erfolgen.

Nach Abschluss aller Untersuchungen kann der Patient bei Eurotransplant (ET) in Leiden auf der Warteliste angemeldet werden. Ein Patient kann nur bei einem Transplantations-Zentrum auf der Warteliste angemeldet sein. Nach der Anmeldung erhalten die Patienten eine Eurotransplant-Empfängernummer (ET-Nr.), das betreuende Dialysezentrum und der Patient werden schriftlich über die Anmeldung und die ET-Nummer bei Eurotransplant informiert.

Nur für die ET-Nierentransplantation beginnt die Wartezeit ab dem ersten Tag der Dialysepflichtigkeit, für alle anderen Organempfänger (Herz, Lunge, Leber, Niere+Pankreas) zählt der Tag der Anmeldung auf die Warteliste.

Sprechen Sie hierzu gerne unsere Transplantationskoordinatorin an.

 

Wichtig für Wartelisten-Patienten

Bitte informieren Sie unsere Transplantationskoordinatorin bei:

  • Krankheit
  • Krankenhausaufenthalten
  • Urlaub

Dies ist wichtig, damit wir im Falle eines Organangebotes informiert sind.

Ablauf bei einem Nierenangebot

Eurotransplant kontaktiert uns im Falle eines Organangebotes. Der diensthabende nephrologische und der transplantationschirurgische Oberarzt entscheiden nach den vorliegenden Befunden, ob das Organ akzeptabel ist. Ist dies der Fall, kontaktieren wir Ihren Nephrologen/Dialysearzt zu seiner Einschätzung Ihres aktuellen Gesundheitszustandes.

Möglicherweise bestehen akute Probleme, wie z.B. Infekte, Operationen oder psychische Probleme, die eine Transplantation zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich machen.

Ist alles in Ordnung, wird gemeinsam entschieden, dass wir das Organangebot für Sie annehmen. Anschließend rufen wir Sie an. Ab diesem Zeitpunkt sollten Sie nichts mehr essen, trinken, nicht rauchen und sich unverzüglich auf den Weg nach Marburg machen.

Bei Eintreffen in der Klinik werden Sie direkt auf die Transplantationseinheit der Nephrologischen Intensivstation I8 aufgenommen und von einem nur für Sie zuständigen Transplantationsteam (Arzt und Pflegekraft) auf die Transplantation vorbereitet. Wir bringen sie in den Operationssaal und holen Sie nach erfolgreicher Transplantation direkt aus dem Operationssaal wieder auf die nephrologische Intensivstation.

Operatives Verfahren der Nierentransplantation

Die Nierentransplantation beginnt mit Vorbereitung des Transplantatorganes auf einem gekühlten Präpariertisch. Die Durchblutung der zu transplantierenden Niere wird über die Nierenarterie und -Vene gewährleistet. Die Niere wird von funktionslosem Fettgewebe befreit und die Gefäße für den Anschluss an die Gefäße des Empfängers mobilisiert.

Dr. J. Geks mit Transportbox

Zur Transplantation der Niere wird die Bauchdecke rechts oder links im Unterbauch eröffnet. Die Beckenschlagader und die Beckenvene im Unterbauch werden freipräpariert und die vorbereitete Niere mit ihren Gefäßen an die Beckenschlagader und die Beckenvene angeschlossen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle findet man bereits nach dem Anschluss der Nierengefäße auf Grund der guten Durchblutung des Nierentransplantates eine Urinausscheidung.

Der Harnleiter des Nierentransplantates wird mit einer Harnleiterschiene versehen und an die Blase angeschlossen. Dadurch kann der transplantierte Patient den von der Transplantatniere produzierten Urin auf natürlichem Wege ausscheiden. An die Niere wird eine Drainage platziert und die Bauchhöhle wieder verschlossen. Nach der Operation werden die transplantierten Patienten direkt auf die nephrologische Intensivstation (Intensivstation 8) des Transplantationszentrums verlegt.

Schmerztherapie bei Nierentransplantation

Die Narkoseärzte und spezialisierte Pflegekräfte des Transplantationsteams begleiten Sie vor, während und nach der Operation getreu unserem Motto „Wir passen gut auf Sie auf.“

Vor der Operation führen wir mit ihnen ein ausführliches Gespräch. Gemeinsam mit ihnen klären wir alle Details zum Ablauf. Die wichtigsten Maßnahmen für ihr Wohlbefinden werden intensiv besprochen.

Bei der Narkose achten wir auf eine möglichst schonende und individuelle Narkoseführung für jede Altersgruppe. Das Team verfügt über eine langjährige Expertise, speziell auch in der Kinderanästhesie.

Um ihren Klinikaufenthalt so schmerzfrei wie nur möglich zu gestalten, bieten wir Ihnen alle modernen Möglichkeiten der Schmerztherapie an. Hier hat sich insbesondere im Bereich der patientengesteuerten, bedarfsorientierten Analgesie in den letzten Jahren viel entwickelt.

Wir führen tägliche Schmerzvisiten durch, um die Therapie individuell ihren Bedürfnissen anzupassen.

Prof. A. Torossian und Dr. Th. Wiesmann

Ablauf des stationären Aufenthaltes bei Nierentransplantation

In der Regel dauert der stationäre Aufenthalt bei unkomplizierter Nieren- oder kombinierter Nieren-Pankreas-Transplantation 2,5 – 3 Wochen.

Tag 01–05: Transplantationseinheit Nephrologische Intensivstation I8

  • Überwachung und Stabilisierung von Kreislauf, Volumen-, Elektrolyt-      und Säure-Basen-Haushalt
  • Klinische und laborchemische Überwachung der Transplantatfunktion Einstellung der immunsuppressiven Therapie
  • Infektprophylaxe und Mobilisation
  • Entfernung von Blasenkatheter und Wunddrainagen an Tag 4 und 5

Tag 06–21: Transplantationsstation 031

  • Klinische, apparative und laborchemische Überwachung der Transplantatfunktion
  • Infektprophylaxe, Physiotherapie
  • Schulung des Organempfängers zu:
    • Wirkung, Nebenwirkungen und Einnahme der immunsuppressiven Medikation
    • Verhalten unter immunsuppressiver Therapie (Hygiene, Lichtexposition, Ernährung, Haustiere, berufliche Tätigkeit etc.)
    • Gestaltung der ambulanten Nachsorge nach Transplantation
    • Verhalten bei Fieber, Infektzeichen, Rückgang der Diurese etc.
    • Dokumentation von Vitalzeichen (Blutdruck, Puls, Temperatur), Körpergewicht und  Ausscheidung

Immunsuppressive Therapie

Im Transplantationszentrum Marburg wird in der Regel eine dreifache immunsuppressive Therapie durchgeführt, bestehend aus dem Calcineurininhibitor Cyclosporin (Sandimmun optoral®), Mycophenolsäure (Cell Cept®) und vergleichsweise niedrigen Steroiddosen (Methylprednisolon©). Ergänzt wird diese Standardimmunsuppression ggf. durch den IL-2-Rezeptor-Antagonisten Basiliximab (Simulect®).

In Abhängigkeit von der Transplantationssituation (Ersttransplantation oder Folgetransplantation) und dem immunologischen Risiko erfolgt eine Modifikation der Standardimmunsuppression, z.B. durch Einsatz des Calcineurininhibitors FK506 (Tacrolimus), Antithymozytenglobulin (ATG) oder Antikörpertherapien. Es werden alle Apherese- und Separationsverfahren zur Elimination von Antikörpern vorgehalten (Immunadsorption, Plasmaseparation, etc.). Diese kommen auch in der Behandlung von Abstoßungsreaktionen zur Anwendung.

Das Transplantationsteam berät im Vorfeld die für Sie optimale Kombination der immunsuppressiven Medikamente, um ein individuelles, maßgeschneidertes Konzept für Sie festzulegen.

Ambulante Nachsorge nach Nierentransplantation

Nach Beendigung des etwa 3-wöchigen stationären Aufenthaltes erfolgt eine engmaschige ambulante Nachsorge in enger Zusammenarbeit mit Ihrem niedergelassenen Nephrologen und Dialysearzt. Zu Beginn sehen wir Sie etwa 2 mal pro Woche. Wir fragen nach Ihrem Befunden, führen gegebenenfalls apparative Diagnostik durch. Es werden regelmäßig

Ambulanzassistentin D. Preis

Blutuntersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse Sie direkt vor Ort mit einem erfahrenen Nephrologen besprechen. Die Befunde werden direkt danach Ihrem  Nephrologen/Dialysearzt übermittelt.

 

Bei stabiler Transplantatfunktion werden die Abstände der Besuche bei uns dann immer großzügiger gestaltet, sodass Sie sich langfristig circa 2 mal im Jahr bei uns vorstellen. Das gewährleistet einen guten Überblick über Ihren Behandlungsverlauf und Sie haben jeder Zeit einen Ansprechpartner auch im ambulanten Bereich. Die Rezepte für die immununterdrückenden Medikamente erhalten Sie in unserer Ambulanz.

Wiederaufnahme der Berufstätigkeit

Sind Sie berufstätig, besprechen mit Ihnen und Ihrem ambulant betreuenden Nephrologen gerne auch den Wiedereinstieg in den Arbeitsprozess nach der Transplantation. Bei komplikationslosem Verlauf ist das in etwa 6 Monate nach der Transplantation möglich. Die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit kann zunächst stundenweise nach dem „Hamburger Modell“ erfolgen. Sofern keine medizinischen Kontraindikationen vorliegen, kann aber auch eine Vollzeittätigkeit aufgenommen werden. Berücksichtigt werden müssen hierbei Fragestellungen, wie z.B. Infektionsschutz, Arbeiten bei Nässe oder Kälte.

Auf Wunsch wird von Seiten des Transplantationszentrums schon im Vorfeld Kontakt mit Ihrem Betriebs- oder Werksarzt aufgenommen, in wieweit eine Wiederaufnahme der vorherigen Beschäftigung möglich ist oder ob eine Umgestaltung der Tätigkeit sinnvoll ist.